Eva - eine wichtige Brieffreundschaft

Eva

Fast dreissig Jahre ist es nun her, dass Du in mein Leben gepurzelt bist. Eine Anzeige in der Frauenzeitschrift "Tina" war es, die uns als Brieffreundinnen bekannt machte. Du warst damals im Teeniealter genau wie ich. Beide wollten wir jede Menge Post bekommen und so stürzten wir uns auf das Briefpapier.

Damals in den Anfängen unserer Brieffreundschaft kostete der Brief noch 80 Pfennige und wir schrieben auf Umweltpapier, das es in allen erdenklichen grauen Farbschattierungen gab. Die Briefe flogen nur so hin und her, es machte riesigen Spaß. Du hattest die selben Hobbys wie ich und somit lagen auch manch Akkordeonnoten mit im Brief. Wir waren zu unterschiedlichen Zeiten in England und machten nacheinander unseren Schulabschluss. Witzigerweise landeten wir fast beim selben Beruf, Du bei den Steuern und ich bei den Finanzen - so ist es bis heute geblieben. Beide legten wir eine Mutterschaftspause ein, ich mit dem Sohn und dann mit der Tochter, Du genau anders herum.

Wir liebten beide das Tanzen und waren jede Woche im Tanzkurs anzufinden. Du beim Rock'n Roll und ich bei den Standard- und Lateintänzen. Beide legten wir dabei unsere Prüfungen ab und freuten uns riesig. Wir zogen beide von zu Hause aus und richteten unsere Eigenheime ein.

In all den Jahren waren wir uns immer sehr verbunden, die Briefe wurden im Alter etwas spärlicher, aber zur Weihnachtszeit trafen sie immer pünktlich ein. Ganz dicke Briefe waren es, denn wir hatten viel zu erzählen und außerdem war da immer noch eine fette Geburtstagskarte dabei. Dein Geburtstag immer kurz nach Weihnachten und ich feierte davor.

Die Themen wandelten sich von Kino, Kleidung und Frisur zur Kindererziehung, Sport und Alltagsgeschehen. Noten wurden keine mehr getauscht, nur noch Fotos und Rezepte. Du verbringst einen Abend in der Woche beim Yoga und ich beim Pilates.

Wir haben beide einen Bruder, Du sogar Zwei, vielleicht waren wir immer die Schwestern für einander, die wir nie hatten.

Ja, unser Leben verlief irgendwie immer parallel. An manch' Festtagen haben wir auch kurz miteinander telefoniert, aber ansonsten kennen wir uns nur von Briefen und Fotos. Ob es unser Lebenlang so bleiben wird, wir haben nie darüber geschrieben, irgendwie war es nicht wichtig.

Nun sind es bald dreissig Jahre und ich hoffe, dass noch viele Jahre und Briefe folgen werden. Schließlich passiert in einem ganz gewöhnlichen Leben jede Menge und es gibt immer was zu erzählen.

Bis dann
Manu (die dringend Briefe schreiben muss)